Vier Personen sitzen nach dem letzten Karate Training des Jahres auf dem Bodem im Dojo.

Keiko Osame 2021 – Ein merkwürdiges Jahr geht zu Ende

Und da ist das Jahr 2021 auch schon wieder vorbei und irgendwie kommt es einem vor wie ein Wimpernschlag, denn das Keiko Osame ist auch schon wieder vorbei.

Wie 2020 war auch 2021 ein sehr merkwürdiges Jahr, in dem immer noch alles anders war. Mit einem winzigen Vorteil. Man hatte sich ein wenig an den Ausnahmezustand gewöhnt, auch wenn der Mangel an Sicherheit und Kontinuität sich weiter fortsetzte.

2021 war auch ein gespaltenes Jahr. Die erste Jahreshälfte war fast komplett davon geprägt, dass wir das Dojo überhaupt nicht betreten konnten. Kontaktbeschränkungen nannten sie das.
Dank der modernen Medien konnten wir unser Karate Training trotzdem fortsetzen und – es ist schon verrückt das man das an dieser Stelle sagen kann – unsere Trainingszeiten sogar noch erweitern, weil wir plötzlich nicht mehr den Beschränkungen der Dojozeiten unterlagen.

Und so trafen wir uns wöchentlich zweimal vor den heimischen Bildschirmen und übten. Kihon-Waza, Kata und bemühten uns um Erhaltung einer gewissen Grundfitness. Sogar Kobudo war unter Zuhilfenahme der Kurzwaffen eingeschränkt möglich.

Keiko Osame 2021In gewisser Weise hat diese Zeit der Kontaktbeschränkungen sogar dazu geführt, dass wir mehr Kontakt miteinander hatten. Das freitägliche Ritual, sich nach dem Training auf dem dojoeigenen Discord Server zu treffen und gemeinsame die eine oder andere Serie … hust … Cobra Kai … hust … zu bingewatchen. Etwas, was nach der Rückkehr zum Präsenztraining leider wieder verloren ging.

Ja, im Sommer konnten wir dann auch endlich wieder ins Dojo zurück und wieder gemeinsam über die Matte rollen. Rückblickend war jedoch problematisch, dass diese Zeit des „ich muss mein Zuhause nicht mehr verlassen“ irgendwie dazu geführt hat, dass sich ein Mangel an Kontinuität bei der Trainingsteilnahme einschlich. Ich kann mich nicht entsinnen, dass das Training so oft aufgrund Teilnehmermangel ausfiel, wie in diesem Jahr.

Auch das diesjährige Keiko Osame, das letzte Training im Jahr, bildete da keine Ausnahme. Ich war schon geneigt es als das traurigste Keiko Osame aller Zeiten zu bezeichnen, bis mich jemand darauf hinwies, dass dies gar nicht sein könnte. Das traurigste Keiko Osame war nämlich 2020, wo es überhaupt nicht stattfinden konnte.

Und so begab es sich, dass sich am 17.12.2021 doch noch drei tapfere Recken auf die Matte verirrten um das Jahr bei einem speziellen Thema ausklingen zu lassen.

Keiko Osame 2021 Keiko Osame 2021

Wie in jedem Jahr, nutze ich das Keiko Osame als Gelegenheit um mit meinen Schülern über den Tellerrand zu schauen. Die Grenzen der Stile zu überwinden und sich auch mal anderen Richtungen des Karate zuzuwenden. In diesem Jahr galt die Aufmerksamkeit dem Uechi-Ryū.

Uechi-Ryu ist ein Stil, der sich ziemlich massiv vom restlichen okinawanischen Karate abhebt. Der Stil entspringt dem chinesischen Pangainoon und gelangte um 1910 nach Okinawa. Uechi Kanbun hieß der Mann, der den Stil nach seinem fast dreizehnjährigen Aufenthalt in China auf Okinawa etablierte.

Geprägt wird das Uechi-Ryū, im Gegensatz zu anderen Karate Stilen, durch einen engen Stand, vorwiegend kreisförmige Abwehrtechniken, Techniken mit den Fingerspitzen, Fingergliedern, geknickten Daumen, der Handfläche und durch sehr wirkungsvolle Angriffe mit den Zehenspitzen. Diese Techniken sind seit der Entwicklung des Stiles nahezu unverändert geblieben und für ihre Effizienz berühmt.

Eine andere Besonderheit sind die Abhärtungsübungen (Kitae) im Uechi-Ryū, die in anderen Stilen häufig nicht anzufinden sind. Diese spezielle Trainingsmethode ermögliche es dem Karateka im Laufe der Zeit, sehr harte Schläge einstecken zu können, ohne dabei Schaden zu nehmen.

Ursprünglich gab es im Uechi-Ryū nur drei Kata

  • Sanchin
  • Seisan
  • Sanseiryu

welche Uechi Kanbun aus seinem Studium in China mitbrachte. Die anderen fünf Kata dieses Stils,

  • Kanshiwa
  • Kanshu
  • Seichin
  • Seiryu
  • Kanchin

wurden von Uechi Kannei und zwei anderen Meistern namens Uehara Saburo und Itokazu Seik entwickelt. Sie dienen als Übergang zwischen den oben genannten Hauptkata und werden als Brückenkata bezeichnet.

Im diesjährigen Keiko Osame warfen wir eine Blick auf die Kata Kanshiwa und die dazugehörigen Anwendungen. Aufgrund der begrenzten Zeit war es natürlich nicht möglich die komplette Kata zu erlernen. Viel mehr ging es darum, die Grundprinzipien des festen Standes, der zirkulären Abwehr und des Destabilisierens zu erfassen und ich denke das ist uns an diesem Abend gelungen.

Trotz der geringen Teilnehmerzahl, ließen wir uns trotzdem nicht die Gelegenheit nehmen, den Abend bei gutem Essen und netten Gesprächen ausklingen zu lassen. Vielen Dank an Dan, der Pizza und Crepe für diesen Abend vorbereitet hatte.

 

 

Und nun bleibt mir nur noch eins. Mich bei meinen Schülern zu bedanken. Denn trotz der etwas holprigen zweiten Jahreshälfte, ist es für mich nicht selbstverständlich, dass sie in diesen schweren Zeiten dem Dojo die Treue gehalten haben. Ich hoffe, dass wir im Jahr 2022 wieder mehr Kontinuität und Stabilität hinbekommen und das Dojo wieder wachsen lassen können.

In diesem Sinne, vielen Dank!
本当にありがとうみんな!

Keiko Osame 2021

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