Dresden im Juni 2018. Schon wieder ist ein Jahr vergangen. Die Zeit eilt vorbei wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Gefühlt war das letzte Seminar mit McCarthy Sensei erst wenige Wochen her. Dennoch war die Vorfreude wieder riesengroß. Trotz der Tatsache das man schon viele Jahre unter McCarthy Sensei trainiert ist man immer wieder beeindruckt von seinem immensen Wissen um die Geschichte des Karate auf der einen Seite und den enormen praktischen Fertigkeiten auf der anderen. Beides gepaart mit einem unglaublichen Maß an Bescheidenheit und Nähe zu seinen Schülern und den anwesenden Teilnehmern. Es ist immer wieder ein wunderschönes Bild wenn Karateka unterschiedlichster Stilrichtungen zusammenkommen um gemeinsam zu üben, zu lernen und Brücken zu bauen.
Am Samstag nahm uns McCarthy Sensei mit, in die weniger bekannten Ecken der Karate-Welt. Die Kata „Ryushan“, was so viel wie „Drachenberg“ bedeutet, zählt zu den weniger bekannten Formen des okinawanischen Karate. Sie gehörte zum Repertoire des chinesischen Teehändlers Wú Xiánguì, der auf Okinawa unter dem Namen Go Kenki (japanische Leseweise der Schriftzeichen) bekannt war. Go Kenki war ein Experte des chinesischen Ming He Quan, auch besser bekannt als „Whooping Crane“, also eines Ablegers des Weißen Kranich Stils aus Fujian. Go Kenki war einer der führenden Leiter eines Zusammenschlusses okinawanischer Meister, die sich zur Aufgabe gemacht hatte das Karate zu erforschen und weiterzuentwickeln. Die Rede ist vom Ryukyu Tode Jutsu Kenkyukai. Unter den Mitgliedern waren große Persönlichkeiten wie Chomo Hanashiro, Chotoku Kyan, Nakasone Genwa, Chojun Miyagi, Kenwa Mabuni, Chojo Oshiro, Maeshiro Choryu, Kentsu Yabu, Juhatsu Kyoda, Moden Yabiku und Chibana Choshin.
Im Rahmen dieser Gruppe gab Go Kenki eine Vielzahl noch heute geübter Kata an diese Meister weiter, welche noch heute in vielen Stilrichtungen geübt werden. Unter diesen Formen befand sich auch die Kata Ryushan. Während die Ryushan noch heute in Chitose Tsuyoshis Chito-Ryu geübt wird gelangte sie über Richard Kim und Kinjo Hiroshi schließlich auch in das Koryu Uchinadi. Chojun Miyagi wiederum, übernahm nur Sequenzen aus der Form und schuf aus ihr die heute im Goju-Ryu geübte Kata Tensho.
Am Sonntag standen Waffen auf dem Programm. Hier unterrichtet McCarthy Sensei die über Chinen Sanda, Oshiro Chojo und wiederum Kinjo Hiroshi übermittelte Langstock-Form Sakugawa-No-Kon. Sie zählt zu den populärsten und zugleich auch ältesten Bo-Kata des okinawanischen Kobu-Jutsu und geht auf den legendären Meister Sakugawa Kanga zurück.
Wie immer war es McCarthy Sensei wichtig, sich über die Arbeit mit dem Partner den beiden Kata anzunähern. Bei brütender Hitze wechselten wir zwischen der Anwendung und der Form hin und her und am Ende waren fast alle Teilnehmer in der Lage den Ablauf der Kata zu verinnerlichen. Doch wie immer besteht im Rahmen eines Seminars nur die Möglichkeit Themen anzureißen. Die Vertiefung obliegt am Ende jedem selbst und somit haben wir wieder einiges an Hausaufgaben in das heimische Dojo mitgenommen die es zu bearbeiten gilt.