Der geneigte Japankenner, wird jetzt sofort aufschreien. „Mochi“, das sind doch diese klebrigen Reisdinger die einem halb im Hals steckenbleiben und zu Erstickungsanfällen führen können, obwohl sie unglaublich lecker sind.
Sagen wir es so. Die in der Überschrift genannten Begriffe, haben entfernt etwas damit zu tun. Zu allererst nochmal um Klarheit zu schaffen. Mochi (eigentlich Omochi) ist eine sehr beliebte japanische Süßspeise. Sie wird aus Reis hergestellt, welcher in einer „Mochitsuki“ genannten Zeremonie, so lange mit einem Holzhammer bearbeitet wird, bis eine klebrige, kaugummiartige Masse entsteht. In den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen werden Omochi vor allem zum Neujahr gegessen, wobei es sie natürlich auch ganzjährig in Japan zu kaufen gibt.
Mit dem Gedanken an diese Masse schauen wir uns nun auch direkt den ersten Begriff an. Mit den Kanji 餅身 geschrieben, bedeutet Mochimi so viel wie „Reiskuchen-Körper“ und weist auf die Flexibilität des Körpereinsatzes hin. Konkret geht es um den Einsatz der Beuge- und Streckmuskulatur. Bei Mochimi wird die Beugemuskulatur maximal genutzt, wodurch eine volle Ausdehnung der Streckmuskulatur entsteht. Einfach gesagt, die Muskeln werden erst maximal angespannt und am Ende dann wieder entspannt um die höchste Streckung zu erreichen. Ich finde es an dieser Stelle sinnvoll sich dies bildlich anhand einer Feder zu verdeutlichen. Drücken wir eine Feder zusammen, wird sie sich explosiv ausdehnen wenn wir sie loslassen und das bis hin zur maximalen Dehnbarkeit. Um dies auch beim menschlichen Körper zu erreichen, ist es notwendig, die Beuger für die Entspannung zu trainieren. Auf diese Art kann eine explosive Kraft in den Schlägen generiert werden, ohne dass der Ellenbogen ganz durchgestreckt wird. Bei einem mit Mochimi ausgeführten Schlag, handelt es sich also mehr um einen Stoß, wie z. B. mit einem Bo. Die Technik wird hierdurch langsamer und ist vor allem für den Aufprall auf harten Flächen wie dem Brustkorb oder Bauch sinnvoll.
Da diese Form der Energieerzeugung vor allem im Nahkampf gut geeignet ist, wird sie hauptsächlich in den Schulen des Naha-Te (Goju-Ryu, Uechi-Ryu, usw.) geübt. Besonders in der Kata Sanchin (hier ausgeführt von Morio Higaonna (10. Dan Goju-Ryu) wird Mochimi besonders intensiv ausgeführt.
Es gilt jedoch zu beachten, dass Mochimi nur in Kombination mit anderen Prinzipien wie Chinkuchi oder Tsukami (Greifen), Hikiyose (Heranziehen) seine volle Wirkung entfaltet.
Neben Mochimi gibt es noch ein weiteres Prinzip, welches ähnlich klingt aber das genaue Gegenteil darstellt. Die Rede ist von Muchimi. Mit den Kanji 鞭身 geschrieben, bedeutet es „Peitschen-Körper“. Ein Prinzip das vor allem in den Schulen des Shuri-Te (Shorin-Ryu, Isshin-Ryu, usw.) zum Tragen kommt. Auch wenn die Übenden des Shuri-Te, heute auch gerne den Begriff Mochimi gebrauchen (Hintergrund ist vor allem dessen Popularität im Naha-Te), so ist der einzige gemeinsame Nenner lediglich der aktive Wechsel von Spannung und Entspannung in der Muskulatur. Wird ein Tsuki mit Muchimi ausgeführt, sind Arme und Beine entspannt und werden aus dem Körpermittelpunkt (Becken oder Lendenwirkbelsäule) ins Ziel geschleudert. Arme oder Beine verhalten sich dabei ähnlich wie eine Peitsche. Da Vertreter des Shuri-Te anders als im Naha-Te eher auf längere Stände und Schritte setzen, ist es hier auch eher möglich große Rotation im Hüftbereich zu erzeugen, was für Muchimi sehr von Vorteil ist.
Nun haben wir jedoch das Problem, das unser Arme aufgrund ihrer Länge und der wenigen Glieder (lediglich drei Gelenke) eine peitschenartige Ausführung erschweren. Um dennoch eine effektive Technik zu generieren ist es notwendig Muchimi mit einer Zugbewegung und kontrollierten Anspannung zu kombinieren. Die Muskeln sollten minimal angespannt sein.
Im Folgenden sehen wir Michiko Onaga Sensei wie sie Muchimi während des Makiwara-Trainings und beim Laufen der Kata Naihanchi anwendet.